Niemand wünscht sich, irgendwann von der Pflege durch andere Menschen abhängig zu sein. Oft lässt es sich aber nicht vermeiden. Dann wünscht man sich, dass die Pflege kompetent erfolgt, dass dem Patienten geholfen wird, ein lebenswertes Leben zu führen, Schmerzen nicht durch unsachgemäße Handgriffe zugefügt, sondern durch die Pflege gemildert werden. Dafür benötigt man gut ausgebildete Pflegekräfte und davon so viele, dass genug Zeit für sorgsame Behandlung, aber auch für Zuwendung, das Schwätzchen am Rande, bleibt. Machmal rund um die Uhr, manchmal über viele Jahre. Das kann teuer werden. In der Diskussion fällt immer wieder auf, dass die Kosten für Pflegestunden kritisiert, die um ein Mehrfaches höheren Stundensätze in der Autowerkstatt aber klaglos bezahlt werden. Warum ist das so? Ist die Oma weniger wichtig als das Auto? Klar, die Autopflege findet nicht ständig über Jahre ununterbrochen statt. Die Gesamtkosten sind kalkulierbar. Pflegekosten dagegen tendieren gegen unendlich. Soll man deswegen Pflegekräfte schlechter bezahlen als Automechaniker? Lieber nicht! Sobald diese Problematik diskutiert wird, kommt der Ruf nach der Gemeinschaft. Das ist auch nicht unvernünftig. Das ist das Prinzip einer Versicherung. Viele zahlen ein, um denen zu helfen, die ein Schadensfall ereilt. Versicherungstechnisch ist ein langes Leben in Pflege ein Schadensfall. Schwierig wird es, wenn die Zahlungen an die Versicherten die Einnahmen aus den Prämien nachhaltig übersteigen. Wenn immer weniger Leute einzahlen und immer mehr Leute Leistungen in Anspruch nehmen. Lösung? Prämien erhöhen oder Laufzeit verkürzen? Ersteres findet die Grenze in der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Zahler und Letzteres verbietet sich sowieso. In einem früheren Beitrag habe ich vom „dritten Topf“ gesprochen, dem Staat. Auch der ist aber letztlich wie eine Versicherung auf Einnahmen angewiesen, bevor er etwas ausgeben kann. Der Kreis der Zahler ist ziemlich deckungsgleich mit dem der Versicherung. Also auch keine dauerhaft gute Lösung. Gut, wir können das hier auch nicht lösen. Befassen wir uns mit einem weiteren Aspekt:
Wir bei Solvida rechnen ausschließlich privat mit unseren Bewohnern ab. Dabei ist der Unterschied zwischen dem Pflegegeld, das auch in Spanien gezahlt wird, und den Pflegesachleistungen, die im Ausland weitestgehend nicht gewährt werden, nicht so groß im Verhältnis zu den Gesamtkosten. Wer seinen Lebensabend unter südlicher Sonne unter Palmen am Meer verbringen kann, hat meistens schon ein höheres Einkommen als andere. Vielleicht noch Ersparnisse, ein Haus oder gleich mehrere weitere Vermögenswerte. Außerdem kostet das Leben in Solvida nicht annähernd so viel wie bei auch nur annähernder Qualität in Deutschland oder gar der Schweiz. Nun beobachten wir hin und wieder Szenarien, die sich ähneln:
Eine Person oder auch ein Paar kann nicht mehr im eigenen Haushalt leben, mietet sich in Solvida ein und schließt einen Pflegevertrag. Oft in Begleitung von Angehörigen, „Kindern”, die selbst schon im oder nahe am Rentenalter sind. Die Finanzierung ist aus dem Alterseinkommen und/oder Ersparnissen gesichert. Die bisher genutzte Immobilie wird an die Kinder oder andere künftige Erben überschrieben oder nach dem gleichen Prinzip verkauft. Nun lebt der/die Pflegebedürftige jahrelang in Solvida, wird bestens versorgt, fühlt sich wohl. Der Pflegeaufwand steigt mit den Jahren, die Ersparnisse nehmen ab. Was nun? Einige Angehörige fragen uns um Rat, ob es Hilfe vom Sozialsystem gibt. Eher nicht! Oder wenn doch, dann sucht die Behörde nach Vermögenswerten der angeblich bedürftigen Person. Eben auch nach solchen, die bereits an andere Personen abgeflossen sind. Gern zehn Jahre rückwirkend. Das ist ja nicht unlogisch. Vererbt werden kann nur das, was am Lebensende übrig bleibt. Was vorher schon übertragen wurde, muss zurückfließen, weil man ja schlecht die Allgemeinheit dafür anzapfen kann, dass das Erbe unversehrt bleibt.
Nicht allzu selten werden auch einfach die Zahlungen an Solvida eingestellt. Das ist nicht nett! Solvida benötigt den Löwenanteil der Einnahmen für Personalkosten, für die Kosten der Immobilie, Lieferanten usw. Wenn es um Sozialabgaben oder Steuern geht, können sich auch spanische Behörden sogar als besonders humorlos erweisen. Andererseits kann Solvida nicht einfach den Rollstuhl auf die Straße schieben und Platz für zahlende Kunden machen. Die Krankenhäuser sind da übrigens nicht immer so zimperlich. Da kam auch schon nachts die Ambulanz und der Fahrer bestand darauf, dass wir den Patienten aufnehmen und drohte tatsächlich an, ihn einfach vor die Tür zu stellen. Was können wir also tun, ohne dem Menschen zu schaden und trotzdem nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben? Wir wenden uns an die Sozialbehörden, die dann vielleicht einen Platz in einer anderen Einrichtung zu finden, deren Qualität nicht annähernd vergleichbar ist. Oder wir helfen dabei, einen Rücktransport ins Heimatland zu organisieren und das dortige Sozialsystem zu nutzen. Das ist nicht schön, aber Solvida finanziert sich ausschließlich aus den Zahlungen der Bewohner. Wenn die ausbleiben, gehen irgendwann die Lichter aus. Deshalb muss die Finanzierung möglichst von Anfang an geklärt sein. Das ist keine Gier, sondern lebensnotwendig, damit nicht irgendwann alle auf der Straße sitzen, Bewohner und Mitarbeiter. Wichtig ist einfach die Erkenntnis, dass Vorsorge nicht die Aufgabe der Pflegeeinrichtung ist, sondern der Betroffenen und/oder ihrer Familien. Deshalb noch einmal zur Erinnerung: Vererbt wird nur das, was am Ende übrig bleibt!