Ein neues Knie

Der Anruf kam am Dienstag gegen 09:00 Uhr morgens: „Erscheinen Sie bitte am nächsten Montag pünktlich um 08:00 Uhr im Hospital de Denia!” Dann folgte noch die Frage, ob ich die Anweisungen zu den Details bekommen, gelesen und verstanden hätte. Ich hatte. Rund vier Wochen zuvor war ich zur abschließenden Voruntersuchung einbestellt worden. Röntgen, Blut, EKG, Befragung, Belehrung, Unterschriften. Und natürlich eine Broschüre mit Anweisungen für den großen Tag. Ungefragt in Englisch. Ich lernte, dass ich sauber zu sein hätte und erfuhr genaue Anweisungen für eine erfolgreiche Dusche. Hungrig und durstig hätte ich zu sein, leicht und luftig bekleidet. Ohne jedes Zubehör wie Brille, Uhr, entnehmbare Prothesen oder gar Portemonnaie. Allerdings sei die SIP-Karte und ein Ausweisdokument obligatorisch. Ebenso wie eine erwachsene Begleitperson. Für diese Aufgabe konnte ich meine liebe Frau gewinnen. Diese benötigte ich ja auch als Transportführerin, da ich zwar den Hinweg allein hätte bewältigen können, aber damit rechnen musste, vorsätzlich fahruntauglich gemacht zu werden, was mich an der selbständigen Rückfahrt hindern würde.

 

Operation geglückt

Die Einlieferungsprozedur unterschied sich nicht wesentlich von der im Zusammenhang mit meiner Hüfte im Juni 2022. Darüber hatte ich ja ausführlich berichtet. Allerdings nötigte man meine erwachsene Begleitperson dieses Mal, mir bis in den Vorbereitungsraum zu folgen und dort meine sämtlich verbliebenen Sachen entgegenzunehmen. Damit ich wirklich nur das sexy Hemdchen mit dem rückwärtigen Zugang an und bei mir hatte. Nachdem man mich dieses Mal auf Anhieb erfolgreich für einen Zugang angebohrt hatte, durfte sie endlich gehen und mich meinem Schicksal überlassen. Nun wurde der Zugang eifrig genutzt. Ich nahm überhaupt nicht wahr, dass mir die Kontrolle entglitt, fühlte mich aber die ganze Zeit über hellwach. Auch während der Operation, die ich hauptsächlich hörte. Stimmen, Säge, Hammer - was man so braucht. Dann war es vorbei und ich wurde in den schon bekannten Aufwachraum geschoben, wo man mich eine Zeitlang messtechnisch überwachte. Nach einer betreuten Bettreise landete ich schließlich in meinem Zimmer. Einzelzimmer mit Bad, schlicht aber zweckmäßig. Kurz darauf erschien auch schon Monika, die man über den erfolgreichen Verlauf informiert hatte. Jetzt hatte ich dann wieder meine Uhr, das Handy und entsprechende Powerbanks. Damit war meine Verbindung zur Außenwelt für mehrere Tage gesichert. Um ca. 18:00 Uhr bekam ich sogar eine Flasche Wasser und um 21.00 Uhr das, was man dort Abendessen nennt. 25 Stunden nach der letzten Mahlzeit hätte ich wohl auch eine Zeitung gegessen. Alles gut gelaufen!

 

Doch ja, man kümmerte sich um mich! Gefühlt alle Paar Minuten kam jemand mit einem Beutel, um seinen Inhalt über das Universalbohrloch in mich hineinzufüllen. Antibiotika, Schmerzmittel, Eisenpräparate zum Blutaufbau oder auch nur Flüssigkeit, damit ich nicht schrumpelig werde. Temperatur und Blutdruck wurden gemessen. Die obligatorische Frage, ob mein Abfluss nach der narkosebedingten Blockade wieder frei sei, konnte ich bald zur allgemeinen Zufriedenheit beantworten. Details zu den Toilettengängen erspare ich dem geneigten Leser. Eine Frage allerdings drängt sich mir auf: Warum zum Teufel ist das Bad in einem Hospital nicht barrierefrei? Weil es keinerlei Handgriff gab, um mich nach erfolgreichem Geschäftsabschluss wieder in die Senkrechte zu hieven, musste ich mir helfen lassen. Unangenehm und unnötig! Was denken sich die Leute, die so etwas planen? In Solvida war das eine der ersten Kontrollen des DIN-Teams zur Zertifizierung gewesen. Kostet nicht die Welt, erhöht den Komfort und die Sicherheit und spart Personal. Unverständlich!

 

Bein gesteckt, Patient geknickt

Nach der Operation war mein Bein komplett fest verpackt. Von der Hüfte bis zu den Zehenspitzen. Immerhin hatte man die Knochen ja komplett auseinandergesägt. Am Tag nach der Operation kam dann der Physiotherapeut, um mit der Wiederherstellung der Beweglichkeit zu beginnen. Dazu schnallte er das Bein in eine Schienenkonstruktion, die mit Motorkraft für Beugung und Streckung sorgte. Nun konnte ich mir die gellenden Schreie aus Nachbarzimmern, die ich anderswo erwähnt hatte, erklären. Noch nie hatte ich derartige Schmerzen gehabt. Ich bin wirklich nicht empfindlich, hatte mir schon früher zwei Backenzähne ohne Betäubung überkronen lassen, aber dieser Schmerz übertraf alles. Nach etwa einer halben Stunde endete die Tortur vorerst. In der folgenden Nacht überkam mich das Gefühl, es sei nass unter meiner Bettdecke. Ich hatte doch nicht etwa…? Als ich mit der Hand nachfühlte, war diese rot von Blut. Das Bein lag in einer Blutlache und ich war etwas verstört. Etwa zwei Stunden später wechselte eine Krankenschwester völlig entspannt den Verband. Alles schön gesäubert, ein schmaler Streifen über der mehr als 20 cm langen Narbe, wasserdichte Folie darüber – fertig! Es musste wohl so sein. Wunde ausgewrungen – Sauerei vorbei! Die Physiotherapie am Mittwoch brachte deutlich weniger Schmerzen und die Erkenntnis, dass ich am Donnerstag entlassen werden könne. Auch am Donnerstag kam ich in die Biegemaschine, quasi als Abschiedsgeschenk. Fast schon angenehm nach den Erfahrungen vom Dienstag. 

 

Home Sweet Home

So, nun war ich entlassungsfähig. Man fragte mich, ob ich die Heimfahrt selbst organisieren oder mit der Ambulanz transportiert werden wolle. Dieses Mal fiel ich nicht darauf rein. Ich hatte im Zusammenhang mit der Hüftoperation über die Erfahrungen mit der Grupo ASV berichtet. Das sollte mir nicht wieder passieren. Pünktlich zur vereinbarten Zeit kamen die Damen von SolvidaMobil in mein Zimmer, halfen mir in den mitgebrachten Rollstuhl, verluden mich über die Rollstuhlrampe in unseren Mercedes Citan und brachten mich nach Hause. Ohne Schmerzen, ohne Stress! Den ebenfalls bereitgestellten Gehbock brauchte ich nicht. Ich hatte ja meine bewährten Krücken und konnte damit umgehen. Von nun an ging es bergauf! Wie schon bei meiner Hüftoperation wählte ich für die Wundversorgung und den Verbandwechsel die bequemere Option und bat SolvidaMobil, dies bei mir zuhause zu erledigen. Ina kam, war zufrieden mit der Narbe, versorgte die Wunde, gab mir Tips für den weiteren Umgang damit und fuhr zum nächsten Patienten. Wenn doch alles so einfach wäre! Der Fairness halber sei erwähnt, dass die Enfermera vom Centro de Salud in Els Poblets mich am Tag danach anrief, um mich an die Wundversorgung zu erinnern. Die Leute kümmern sich, da kann man wirklich nicht meckern! Der nächste Termin fiel zusammen mit meiner Physiotherapie im Centro de Salud in Ondara. Ich konnte beides problemlos mit nur einer Fahrt erledigen.

 

Aber die Fahrten...

Da die Physiotherapie in Solvida aktuell sehr ausgelastet ist, war ich sehr glücklich, dass ich diese ebenfalls von der Seguridad Social gesponsert bekommen sollte. Die können das und, wenn es nichts kostet… Dazu musste ich nach Ondara ins dortige Centro de Salud. Meine Monika hatte zum selben Zeitpunkt eigene unaufschiebbare Termine und konnte mich nicht fahren. Weil der Termin ja feststand, sollte es mit der Ambulanz dieses Mal wohl klappen. Auf der Hinfahrt tat es das auch. Freundlicher junger Mann, pünktlich, unbequemer Einstieg. Physiotherapie engagiert, schmerzhaft. Über eine Stunde. Um 13:55 rief man die Ambulanz für den Rückweg. „Kommt gleich! Gehen Sie schon zur Tür!” Ich ging zur Tür und wartete. Im Stehen, auf die Krücken gestützt. Nach einer halben Stunde annektierte ich einen bereitstehenden Rollstuhl, weil der mit seinen Armlehnen bessere Unterstützung zum Hinsetzen und Aufstehen gab als die Wartestühlchen. Nach einer weiteren halben Stunde riefen die Damen von der Rezeption ein weiteres Mal bei der Ambulanz an. „Er kommt jetzt jeden Moment!” Na prima! Man setzte/ stellte mich nämlich vor die Tür, weil das Centro de Salud um 15:00 Uhr schließt. Ich könne unter dem Dach der nahen Bushaltestelle warten, um nicht nass zu werden. Es regnete und war recht frisch. Ich war verschwitzt und trug nur Jogginghose und T-Shirt. Die Bank konnte ich nicht benutzen. Weder Arm- noch Rückenlehne. So stand ich nun da und wartete. Nach einer weiteren halben Stunde verlor ich die Geduld und rief meine liebe Frau zur Hilfe. Ihre Termine waren inzwischen längst erledigt.  Sie kam gegen 15:45 Uhr und ich war 10 Minuten später zuhause. Zwei Stunden nachdem ich mit der Physiotherapie fertig war. Genau um 16:18 Uhr, mehr als eine weitere halbe Stunde später, rief der Ambulanzfahrer an und fragte, wo ich wohl sei. Meine Antwort muss ich hier wohl nicht wiederholen. Nie wieder ASV!

 

Vielleicht äußere ich noch einmal an anderer Stelle meine Meinung zu öffentlichen Ausschreibungen, bei denen der billigste Anbieter gewinnt. Oder der mit den besten Beziehungen. Wenn der Kunde nicht der Fahrgast, sondern eine Behörde ist, kann man seinen Gewinn leicht steigern, indem man einfach die Touren optimiert. Wir haben in Solvida schon oft Patienten mitten in der Nacht „angeliefert“ bekommen. Lastspitzen werden nicht durch Ressourcen ausgeglichen, sondern durch unzumutbare Wartezeiten zu Lasten der Patienten. Hauptsache, die eigene Flotte ist maximal ausgelastet. Warten können die anderen!

 

Zwischenfazit

Ein weiteres Mal kann ich aus eigenem Erleben bestätigen, dass das spanische Gesundheitssystem besser ist als sein Ruf. Ja, es gibt Wartezeiten. Ist das anderswo anders? Seit der Diagnose, dass meine OP nun nicht mehr aufschiebbar ist, sind rund 7 Monate vergangen. Behandlung und Abwicklung kann ich nur als professionell bezeichnen. Das Personal empfand ich als freundlich und engagiert. Patienten, die nicht auf Hilfe seitens der Familie zurückgreifen können, empfehle ich die Dienstleistungen eines ambulanten Pflegedienstes wie SolvidaCare. Das kostet weniger als man glaubt und muss ja nicht für immer sein.